Tierversuchsverbots-Initiative
(Eidg. Volksinitiative)
ETHIK: Auch Tiere spüren Leid und Schmerz. Der Mensch und die Wissenschaft missbrauchen allzu oft die Macht des Stärkeren.
FÜRSORGEPFLICHT: Der Mensch ist zu vielem fähig. Darum ist er moralisch verpflichtet, seine Talente zugunsten aller Geschöpfe einzusetzen.
VERNUNFT: Tierversuche gaukeln eine falsche Sicherheit vor. Oft führen sie in eine Sackgasse und bieten weder den rettenden Strohhalm noch die gesuchte Qualität.
FORTSCHRITT: Tierversuche behindern Fortschritt. Durch stures Abarbeiten von Tests an einem Labortier werden einzig die unvollständige Forschung und die Haftungsbefreiung der Produkthersteller legitimiert. Die Situation im Versuchs-labor hat mit der Realität nur wenig zu tun.
LOGIK: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Es gibt heute bewährte Alternativen und bessere Wege zu Erkenntnissen.
Die wichtigsten Argumente, ...
Es war und ist unentschuldbar, wenn nichtzustimmungsfä hige Tiere und ebensolche Patienten für Experimente miss braucht werden. Unzählige Metastudien beweisen, dass weder ein Tier noch ein Mensch verlässliche Vorher sagen für ein anderes Lebewesen liefern kann. Die Initiative för dert und fordert sichere Erstanwendungen und ethisch faire, fundierte Vorbereitungen. Die heutigen Forschenden sind intelligent genug, um ihre Erkenntnisse auch mit tierund menschenleidfreien Ansätzen zu erreichen.
Irrtum
Von 100 Wirkstoffen versagen 95 im Menschenversuch, trotz scheinbar erfolgversprechender Ergebnisse im Tierver such. Auch nach Zulassung gibt es Tragödien: Die EU schätzte die Todesfälle durch Nebenwirkungen im 2008 auf 197000 (Brüssel, MEMO/08/782).
Stagnation trotz 3R
Die Zahl der Tierversuche stagniert seit 25 Jahren mit über 500000 Tieropfern, obwohl das 3R-Prinzip (ersetzen reduzieren-verfeinern) seit mehr als 60 Jahren bekannt ist.
Falsche Ansätze
Tier- und Menschenversuche mögen marketingtechnisch und juristisch lohnend sein, für die Gesundheit sind sie irre führend. Menschenversuche liefern vage Durchschnittswerte. Dem Individuum bieten sie keine Gewähr.
Einzigartigkeit von Lebewesen
Dass wir «individuelle Medizin» brauchen, wurde er kannt, Umsetzungen sind jedoch rar. Viele sinnvolle Ansätze, wie z. B. «Human-on-a-chip», sind auf erfolgreichem Weg.
Vorteile statt Verluste
Alte Produkte bleiben. Neue werden strengere Qualitäts anforderungen erfüllen müssen. Innovative Unternehmen, welche z. B. Diagnosehilfen entwickeln, werden von der wach senden Nachfrage profitieren.
Weitere Chancen
Die Initiative ermöglicht einen Quantensprung in For schung, Medizin, im Schweizer Gesundheits-Tourismus und in menschlicher Reife. Allfällige schlechte internationale Verträge sind nachzubessern.
Antworten an den Bundesrat
Forschung am Menschen wird nicht verboten. Der patien tenorientierte Mix an Ansätzen ist entscheidend, nicht das Bereiten von Qual. Z. B. liefern Operationsabfälle vielfältige Biomaterialien, an welchen geforscht werden kann. Der Schutz von Tier und Mensch reicht heute nicht aus. Tiere erleiden Eingriffe in die Freiheit, die Entfaltung sowie in die emotionale und körperliche Integrität. Desgleichen sind nichtzustimungs fähige oder schlecht informierte Menschen ungenügend geschützt: Niemand kann vor einem Versuch vorhersagen, welcher Patient welche Belastungen und Schäden erleiden wird.
Vordenker
«Es gibt eigentlich nur zwei Gründe, für Tierversuche zu sein: Entweder man verdient daran, oder man weiss zu wenig darüber.» Unfallchirurg Dr. med. Werner Hartinger (1925–2000)
Darum empfiehlt das Initiativkomitee:
Ja
Argumente, Fragen und Antworten, Mythen
Anschliessende Menschenversuche würden abgeschafft, denn diese würden immer zu gleichen Ergebnissen führen wie die Tierversuche. Es gäbe keine negativen Überraschungen und Pannen nach der Markteinführung.
Initiativtext
Die Bundesverfassung1 wird wie folgt geändert:
Art. 80 Abs. 2 Bst. b, 3 und 4
2 Er [der Bund] regelt insbesondere:
b. Aufgehoben
3 Tierversuche und Menschenversuche sind verboten. Tierversuche gelten als Tierquälerei bis hin zum Verbrechen. Dies und alles Nachfolgende gelten sinngemäss für Tier- und Menschenversuche:
a. Erstanwendung ist nur zulässig, wenn sie im umfassenden und überwiegenden Interesse der Betroffenen (Tiere wie Menschen) liegt; die Erstanwendung muss zudem erfolgversprechend sein und kontrolliert und vorsichtig vollzogen werden.
b. Nach Inkrafttreten des Tierversuchsverbotes sind Handel, Einfuhr und Ausfuhr von Produkten aller Branchen und Arten verboten, wenn für sie weiterhin Tierversuche direkt oder indirekt durchgeführt werden; bisherige Produkte bleiben vom Verbot ausgenommen, wenn für sie keinerlei Tierversuche mehr direkt oder indirekt durchgeführt werden.
c. Die Sicherheit für Mensch, Tier und Umwelt muss jederzeit gewährleistet sein; falls dazu bei Neuentwicklungen respektive Neueinfuhren keine amtlich anerkannten tierversuchsfreien Verfahren existieren, gilt ein Zulas-sungsverbot für das Inverkehrbringen respektive ein Verbot der Ausbringung und Freisetzung in der Umwelt.
d. Es muss gewährleistet sein, dass tierversuchsfreie Ersatzansätze mindestens dieselbe staatliche Unterstützung erhalten wie vormals die Tierversuche.
4 Für den Vollzug der Vorschriften sind die Kantone zuständig, soweit das Gesetz ihn nicht dem Bund vorbehält.
Art. 118b Abs. 2 Bst. c und 3
2 Für die Forschung in Biologie und Medizin mit Personen beachtet er [der Bund] folgende Grundsätze:
c. Aufgehoben
3 Forschungsvorhaben müssen den Anforderungen von Artikel 80 Absatz 3 Buchstabe a genügen.
Art. 197 Ziff. 122
12. Übergangsbestimmung zu Art. 80 Abs. 2 Bst. b, 3 und 4 sowie Art. 118b Abs. 2 Bst. c und 3 (Tierversuchsverbot und Menschenversuchsverbot)
Bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmungen erlässt der Bundesrat innerhalb von zwei Jahren nach Annahme von Artikel 80 Absätze 2 Buchstabe b, 3 und 4 sowie Artikel 118b Absätze 2 Buchstabe c und 3 durch Volk und Stände die erforderlichen Ausführungsbestimmungen.
1 SR 101
2 Die endgültige Ziffer dieser Übergangsbestimmung wird nach der Volksabstimmung von der Bundeskanzlei festgelegt.
Im Bundesblatt veröffentlicht: 03.10.2017
Ablauf der Sammelfrist: 03.04.2019
Botschaft des Bundesrates
Bundesrat lehnt Initiative zum Verbot von Tierversuchen ab
Bern, 26.06.2019 - Der Bundesrat spricht sich gegen die Volksinitiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot – Ja zu Forschungswegen mit Impulsen für Sicherheit und Fortschritt» (Tierversuchsverbotsinitiative) aus. Dies hat er an seiner Sitzung vom 26. Juni 2019 entschieden. Er ist der Ansicht, dass Mensch und Tier in der Forschung ausreichend geschützt sind.
Die Initiative wurde am 18. März 2019 eingereicht und fordert ein bedingungsloses Verbot von Tierversuchen sowie von Forschung am Menschen. Sie will auch ein Importverbot von sämtlichen Produkten, die ganz oder auch nur in Teilen unter Anwendung von Tierversuchen entwickelt wurden.
Der Bundesrat teilt grundsätzlich das Anliegen der Initianten, Tierleid möglichst zu mindern. Die Initiative geht dem Bundesrat aber zu weit. Er empfiehlt sie ohne direkten Gegenentwurf und ohne indirekten Gegenvorschlag zur Ablehnung. Er erachtet das geltende Recht als ausreichend streng, um Mensch und Tier in der wissenschaftlichen Forschung zu schützen. 2008 wurden strengere Bestimmungen zu Tierversuchen eingeführt. 2010 hat das Stimmvolk den Schutz des Menschen in der Forschung gestärkt und einem neuen Verfassungsartikel über die Forschung am Menschen deutlich zugestimmt. 2014 trat das neue Humanforschungsgesetz in Kraft.
Förderung von Alternativen zu Tierversuchen
Der Bund fördert zudem seit vielen Jahren Alternativen zu Tierversuchen. Letztes Jahr wurde gemeinsam mit den Hochschulen und der pharmazeutischen Industrie ein Kompetenzzentrum gegründet, das die sogenannten 3R-Prinzipien stärken soll. Diese haben zum Ziel, Tierversuche zu ersetzen, weniger Tierversuche durchzuführen und die Tiere bei den Versuchen weniger zu belasten (replace, reduce und refine).
Die Grundlagenforschung, die Prüfung von pharmazeutischen und chemischen Produkten zum Wohl von Mensch und Tier sowie die Forschung für den Schutz der Umwelt sind heute auf Tierversuche angewiesen. Auch der Einbezug von Personen ist manchmal notwendig, wenn menschliche Krankheiten erforscht werden. Dabei ist gesetzlich festgelegt, dass Forschung an Mensch und Tier nur dann zulässig ist, wenn keine Alternativen existieren, zum Beispiel Computersimulationen oder Zellmodelle.
Folgen einer Annahme
Eine Annahme der Initiative hätte zur Folge, dass die Versorgung mit Medikamenten nicht mehr sichergestellt werden könnte. Die Schweizer Bevölkerung könnte zudem aufgrund des Importverbots nicht mehr von wissenschaftlichen Entwicklungen im Ausland profitieren. Das würde neue Medikament genauso betreffen, wie Pflanzenschutzmittel, Chemikalien oder Nahrungsergänzungsmittel, die mit Tierversuchen erforscht wurden. Das weitgehende Import- und Handelsverbot ist zudem unvereinbar mit internationalen Verpflichtungen und Verträgen der Schweiz, etwa mit der EU. Es wäre nur sehr schwer umzusetzen und könnte negative Folgen für Gesundheit, Forschung und Wirtschaft in der Schweiz haben.
Diese Initiative wurde lanciert von folgenden Komitee-Mitgliedern (nach Alphabet Nachname):
Clemente Cristina, Muralto
(Web-Seite)
Graf Andreas, Steinach
(Web-Seite)
Hans Urs, Turbenthal
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Kälin-Werth Simon, Zürich
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Kreis Susi, Bürglen TG
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Osterwalder Luzia, St. Gallen
(Web-Seite)
Pfaff Lislott, Liestal
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Varga Irene, Berg SG
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Werndli Renato, Eichberg SG
(Web-Seite)
Diese Initiative wird von folgenden Organisationen unterstützt
Dr. Milly Schär-Manzoli
„Tierversuche sind ein Verbrechen; und die Verbrechen reduziert man nicht, man reglementiert sie nicht: Die Verbrechen schafft man ab!“